Was bedeutet Extra Natives Olivenöl?

Was bedeutet Extra Natives Olivenöl

Olivenöle werden in verschiedene Qualitätsklassen wie „natives Olivenöl extra“ (englisch: extra virgin) eingeteilt – so sieht es der Gesetzgeber vor. Diese sollen dem Kunden Orientierung geben und die Kaufentscheidung erleichtern. Leider funktioniert das System nicht wirklich. Denn als Konsument kann man sich keineswegs darauf verlassen, dass ein Olivenöl der höchsten Güteklasse extra nativ tatsächlich hochwertig ist.
Da wir jedoch immer wieder gefragt werden, was es mit dem Label extra nativ eigentlich auf sich hat, erläutern wir dies im Folgenden noch einmal.
 
GÜTEKLASSEN
Der Europäische Gesetzgeber unterteilt Olivenöl in fünf verschiedene Güteklassen ein. Diese reichen von nicht zum Verzehr geeignetem Lampantöl bis hin zu (angeblich) hochwertigem extra nativem Olivenöl. Die Einteilung erfolgt dabei primär anhand zweier Charakteristiken: Erstens anhand des Anteils der freien Fettsäuren und zweitens anhand des sensorischen Urteils eines zertifiziertes Panels von Olivenöltestern.
 
Freie Fettsäuren
Als sogenannte freie Fettsäuren werden Fettsäuren bezeichnet, die nicht an ein Glycerin gebunden sind. Dadurch gehen sie leichter eine Verbindung mit Sauerstoff ein. Diesen Vorgang nennt man auch Oxidation. Der Anteil an freien Fettsäuren ist deshalb einer der wichtigsten – aber längst nicht der Einzige – Indikatoren für gutes Olivenöl.
Normalerweise gilt: Je geringer der Anteil an freien Fettsäuren, desto langsamer zerfällt das Öl wenn es in Verbindung mit Sauerstoff kommt und desto besser lässt es sich lagern. Freie Fettsäuren entstehen durch eine Vielzahl von Faktoren wie beispielsweise die Witterungsverhältnisse, aber auch durch unsachgemäße Verarbeitung der Olivenfrüchte oder durch unsachgemäße Lagerung. Ein niedriger Anteil an freien Fettsäuren ist demnach ein Hinweis darauf, dass die Oliven nach der Ernte zeitig und fachgerecht verarbeitet wurden.
Laut Gesetzgebung darf natives Olivenöl extra maximal 0,8g freie Fettsäuren pro 100g Öl aufweisen. Für die Das Problem dabei: dieser Wert ist viel zu hoch und lässt sich auch dann noch erreichen, wenn man die Oliven, bevor sie in die Mühle gebracht werden, tagelang auf dem Olivenhain verfaulen lässt. Zum Vergleich: Unser diesjähriges Öl hat einen Anteil an freien Fettsäuren von 0,28 (2023) und unterschreitet den zulässigen Höchstwert damit um mehr als die Hälfte.    
 
Sensorische Merkmale
Auch wenn man heutzutage mit Laboranalysen einiges über das Olivenöl in Erfahrung bringen kann: der eigene Geruchs- und Geschmackssinn ist doch immer noch am besten geeignet um die Qualität eines Olivenöls zu bestimmen. Dafür ist allerdings ein geschulter Gaumen von Nöten. Erfahrene Tester sind in der Lage auch kleinste Fehler im Geschmacksprofil aufzuspüren. Beispielsweise solche, die durch zu lange Wartezeiten zwischen Ernte und Ölextraktion hervorgerufen werden.
Dem trägt auch der Europäische Gesetzgeber Rechnung, indem er die sensorische Prüfung durch ein Expertenpanel verbindlich vorschreibt. In bestem Bürokratendeutsch heißt es, das extra natives Olivenöl einen Fruchtigkeitsmedian größer Null und einen Fehlermedian gleich Null aufweisen muss. In anderen Worten: Extra natives Olivenöl muss ein gewisses Maß an Fruchtigkeit besitzen und darf keinerlei Fehlgeschmäcker aufweisen.
Doch auch hier gibt es ein Problem. Denn es stellt sich die Frage, wer die zuständigen Expertenpanels kontrolliert. Denn in den meisten Anbauländern gibt es keine unabhängige Dachorganisation, welche die Integrität und Kompetenz der Experten kontrolliert. Und meistens sind die Experten gleichzeitig die lokalen Olivenbauern und Mühlenbesitzer, die selbstverständig kein Interesse daran haben, ihr eigenes Olivenöl schlecht zu bewerten. Darüber hinaus ist eine unabhängige Kontrolle für die zuständigen Behörden auch nur schwer zu bewerkstelligen. Denn ein fachkundiger sensorischer Test ist zeit- und kostenaufwendig. Mal ganz davon abgesehen, dass es in Ländern wie Deutschland und der Schweiz schlicht an geeigneten Experten fehlt, die in der Lage wären Fehlgeschmäcker im Olivenöl zu erkennen.

 
DIE PRAXIS
In der Praxis ist es leider keineswegs der Fall, das alle Olivenöle mit der Aufschrift Extra Nativ erstklassig oder gar gänzlich ohne Fehlgeschmäcker sind. Leider ist häufig das Gegenteil der Fall. Obwohl fast alle in deutschen Supermärkten erhältlichen Olivenöle als Extra nativ vermarktet werden ist es für den Verbraucher fast unmöglich geworden ein gutes Olivenöl zu erstehen.
Denn der allergrößte Anteil dieser angeblichen Spitzenöle ist bestenfalls Durschnittsware. So hat beispielsweise die Stiftung Warentest 28 Olivenöle der Güteklasse Extra Nativ getestet. Die Preisspanne reichte dabei von gerade einmal 3,45 Euro den Liter bis hin zu 57 Euro den Liter. Von den getesteten Ölen wurde nur vier als Gut eingestuft. Das Urteil fällt dementsprechend ernüchternd aus: „Im deutschen Handel sind gute Olivenöle der höchsten Güteklasse ‚nativ extra‘ leider rar“.

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